DIGITALISIERUNG UND BIM

BIM – Building Information Modeling

Seit dem ersten Einsatz von digitalen Plänen auf einer unserer Baustelle im Jahr 2015 und heute hat sich bei Leuthard viel getan. Seit 2016 werden alle grossen Projekte bei Leuthard mit der BIM-Methode abgewickelt. Ende 2019 waren es zeitgleich drei Grossbaustellen. Eine davon: Die Leuthard Bürolandschaft 4.0.

Der BIM-Projektraum

Herzstück eines BIM-Projektes ist ein digitaler, cloudbasierter Projektraum, welcher als Drehscheibe für alle Projektbeteiligten fungiert. Eingesetzt wird Trimble Connect. Projektrelevante Daten, Pläne und Modelle stehen dadurch jedem Projektbeteiligten – in Planung wie Ausführung – jederzeit und überall zur Verfügung, auch auf mobilen Geräten, wie Smartphones. Die einzelnen Fachwerk-Modelle werden in diesen Projektraum in regelmässigen Intervallen hochgeladen, miteinander zu einem gemeinsamen Datenmodell koordiniert und dienen als Grundlage für Planungsbesprechungen. Dabei erfolgen – teilweise automatisiert – Qualitätsprüfungen. Die Kommunikation läuft modellbezogen, Pendenzen werden über im Projektraum an die zuständigen Personen verteilt und können so auch dezentral abgearbeitet werden. Die daraus entstehende Projekttransparenz und Nachvollziehbarkeit der Datenlieferung spielt im BIM-Prozess eine wichtige Rolle.

Florian Schalko, Leiter BIM und Digitalisierung

Florian Schalko, Leiter BIM & Digitalisierung

Der digitale Zwilling

Auf diesem von den Fachplanern gemeinsam erstellten Datenmodell basiert nebst der Projektentwicklung und Detailplanung bereits auch die Ausführung der Baumassnahmen. Das Modell bildet das Projekt digital in gebauter Form ab, und macht auf diese Weise auch Planungsfehler frühzeitig sichtbar, lange bevor sie während der Ausführung auf der Baustelle zu Tage treten. Bei diesem zentralen Fachmodell spricht man vom digitalen Zwilling.

Mit der zunehmenden Verbreitung und Akzeptanz von BIM als Planungsinstrument hat generell auch die Qualität der Daten und Modelle deutlich zugelegt. Noch vor zwei Jahren war die grosse Mehrheit der von den Fachplanern an Leuthard übermittelten Modelle in weiten Teilen unbrauchbar. Entweder bereiteten sie Probleme bei der Qualifizierung – der Anreicherung der Modelle mit Informationen – oder ihre – im IFC-Format gelieferten Daten – konnten nicht ausgewertet werden.

Die eigens geschaffene BIM-Abteilung von Leuthard war zu Beginn hauptsächlich damit beschäftigt, die von den Fachplanern bereitgestellten Daten und Fachmodelle mit Informationen anzureichern oder aus 2D-Plänen selbst Modelle zu entwickeln. Um ein erforderliches, durchgängig modellbasiertes Arbeiten zu ermöglichen, musste bei der Qualität der von den Fachplanern angelieferten Daten eine deutliche Verbesserung erreicht werden. Leuthard hat dazu entsprechende Massnahmen entwickelt. Anfänglich führte Leuthard mit einem „Assessment-Modell“ eine Art Testverfahren durch, anhand dessen die Fähigkeit der Fachplaner zur modellbasierten Arbeitsweise besser eingeschätzt werden konnte.

Heute werden im Leuthard BAP (BIM-Projektabwicklungsplan) pro Projekt detaillierte Modellvorgaben durch einen Leuthard BIM-Manager definiert, sie sind Voraussetzung und Grundlage der Zusammenarbeit gelten. Weiters wird in jedem Dokument der Detaillierungsgrad und Informationsgehalt der Modelle vorgegeben. Im Laufe eines Projektes prüft der BIM-Manger die Einhaltung dieser Vorgaben. Mit dieser Vorgehensweise hat sich die Qualität der Fachmodelle
markant verbessert. Leuthard verfügt heute über einen Kreis von Fachplanern, deren Modelle weitgehend problemlos für die verschiedenen BIM-Anwendungsfälle verwendet werden können. Somit hat Leuthard seine Vision der durchgängigen digitalen Planung und Ausführung für alle Projekte realisiert.

Zeit: Die 4te Dimension

Werden Bauteile der Modelle mit Zeiten versehen, ist von einem 4D-BIM-Modell die Rede. Dabei ist eine Herausforderung, die Effizienz unter Beibehaltung der Qualität zu steigern. Mit der fortschreitenden Etablierung des modellbasierten Bauens konnte bereits viel erreicht werden. Zusätzliches Potenzial hat Leuthard in der Optimierung des Bauablaufs verortet und mit der Einführung parzellierter Modelle – das heisst in Bauabschnitte gegliederte Modelle – zusätzlich an Effizienz gewonnen. Die Modellierung einzelner Bauabschnitte ermöglicht die visuelle Ablaufsimulation und zeigt bei dessen Betrachtung weitere Optimierungsmöglichkeiten bei der Bauplanung auf. Durch die nun separat modellierten Bauabschnitte können diese einzeln verschoben, neue Abläufe probeweise durchgespielt und am Ende der optimale Bauplan definiert werden.

Wie viel an Effizienz und damit auch an Qualität durch die optimale Bauablaufplanung dazugewonnen werden kann, hat Leuthard bereits messbar in der Praxis getestet. Beim Bau ihres neuen Bürogebäudes in Merenschwand konnte die ursprünglich evaluierte Bauzeit nach nochmaliger Revision des Ablaufs von 6 auf effektiv 4 Monate reduziert werden.

Kosten auf Knopfdruck: die 5te Dimension

Der richtigen Attribuierung der Modellelemente ist es zu verdanken, dass sich in der modellbasierten Arbeit weitere Dimensionen geöffnet haben: So zum Beispiel bei der Mengenermittlung. Durch die Verbindung der BIM-Modelle mit einem digitalen Kalkulationstool erreicht Leuthard eine hohe Genauigkeit bei der Kostenberechnung. Ein Nutzen, der insbesondere bei der Teilnahme an Submissionen erfolgsrelevante Vorteile bringt. Bestehen Submissionsgrundladen
lediglich aus 2D-Grundlagen oder keinen verwertbaren 3D-Modellen erstellt die Leuthard BIM-Abteilung selbst die erforderlichen 3D-BIMFachmodelle,
um eine entsprechende Genauigkeit bei der Kostenberechnung zu gewährleisten.

BIM-Modelle von Leuthard erfüllen dabei die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzer. Je nach Bedarf können für verschiedene Abteilungen relevanten Daten und zweckdienliche Informationen ergänzt oder extrahiert werden. Für die Bauabteilung, die beim Rohbau nach dem Normpositionenkatalog arbeitet, sind für die Planung beispielsweise Betonmengen und Armierungen relevant. Ebenso wie Angaben, wo und wie diese verbaut werden. Das Baumanagement wiederum interessiert sich für andere Daten, etwa für Bodenflächen oder die Anzahl der Fenster. Anhand dieser Daten werden die effektiven Kosten von der Baugrube bis zum fertigen Gebäude gemäss Baukostenplan ermittelt. Bei der Verknüpfung mit den Kosten spricht man vom 5D-BIM-Modell.

Es liegt im Auge des Betrachters

Ein weiterer nützlicher (BIM) Anwendungsfall ist die Visualisierung und realistische Darstellung von Modellen und Materialen. So konnten in der Leuthard Bürolandschaft schon während der Planungsphase virtuelle „Streifzüge“ und 360° Panoramaaufnehmen erstellt werden. Jeder Mitarbeiter konnte sich frühzeitig einen Eindruck von seinem neuen Arbeitsplatz machen. Als Grundlage dafür verwendete die Leuthard BIM-Abteilung die Ausführungsmodelle der jeweiligen Fachplaner. Auch dies wieder ein schönes Beispiel von „The single source of truth“ – Eine Quelle für alle Anwendungen (Planung, Visualisierung, Absteckung auf der Baustelle, Bewirtschaftung…). Die Modelle wurden in SketchUp geladen, mit Materialien versehen und mit einem Realtime Render-Plug-In visualisiert. Personen konnten mittels Link, QR-Code oder VR Brille interaktiv durch das Projekt navigieren.

Pablo Querejeta, BIM Manager

Virtuelle Wohnungsbegehung mit VR Brille

DIGITALE BÜROLANDSCHAFT

BIM auf den Punkt gebracht

Ein besonderes Merkmal der neuen Leuthard Bürolandschaft ist die hohe und dichte Anzahl an Deckenabhängungen. Aus den abgestimmten
und koordinierten Fachmodellen der Gebäudetechnik wurden in kürzester Zeit alle notwenigen Abhängungen modelliert und die dafür benötigten Bohrpunkte ausgelesen. Die daraus entstandene Punktedatei wurde durch den Planer auf den Projektraum Trimble Connect geladen. Mit einer Robotic-Totalstation wurde von der Baustelle direkt auf diese Daten via Cloud zugegriffen und die Modelle sowie Punktedateien geladen und überlagert. Durch auswählen eines Punktes am Tablet projizierte die Station einen grünen Laserpunkt an die Decke und konnte so markiert und nachträglich gebohrt werden. In zweistündigen Zeitfenstern wurde so jedes Gewerk abgearbeitet. Am Ende des Tages war es die Lüftung mit 234, die Heizung mit 299 und Elektro mit 89 Punkten. Ein eindrucksvolles Ergebnis und eine deutliche Produktivitätssteigerung.

Hoch hinaus mit Drohnen und Fotogrammetrie

Durch eine spezielle Software fliegt die Drohne vollständig automatisch vordefinierte Geozone in der gewünschten Flughöhe ab und erstellt dabei ein Netz aus Fotos die anschliessend zu einem digitalen Geländemodell verarbeitet werden. Dieses wird entweder via Link und webbasiert für Projektleiter und Bauführer zum Ausmass von Flächen und Volumen zur Verfügung gestellt, oder in verschiedensten Modellformate exportiert um Baugrubenmodelle für die digitale Baggersteuerung zu erstellen. Die Dauer eines Überflugs variiert durch Grösse der Geozone sowie Flughöhe und beträgt durchschnittlich zwischen 15 – 45 Minuten. So wird beispielsweise zu jedem Monatsende das Leuthard RC-Areal in Merenschwand überflogen und aktuelle Lagerbestände von Kiesgemisch bis Betongranulat gescannt und ausgemessen.

Aufnahmen bestehender Gelände für das Ausmass von Oberflächeninstandsetzungen, Abbrucharbeiten und Aushubsvolumen sowie regelmässige Überflüge von Baustellen für die Bauwerksdokumentation sind weitere Anwendungsfälle der Drohnenflüge.

BIMmobilien Entwicklung

Eine grüne Wiese und darauf zwei kleine Häuschen. Auf diesem Leuthard Grundstück sollen zukünftig Terrassenhäuser stehen und den Blick über die wunderschöne Landschaft vom Wohnzimmer aus ermöglichen. Der Ausblick sollte einerseits durch das davor liegende Nachbargebäude nicht eingeschränkt sein, andererseits darf das Gebäude die Aussicht der benachbarten oberen Häuser nicht verdecken.
Durch Drohnenaufnahmen des Geländes und der Umgebung konnte das «grobe» BIM Modell des Architekten optimal in die Umgebung einpasst und optimiert werden. Die daraus entstandenen zukünftigen Höhenlagen der Wohnungen wurden wiederum per Drohne abgeflogen und Panoramaaufnahmen gemacht.

Eine Überlagerung von Geländeaufnahme, BIM Modell und Panoramaaufnahme ermöglicht es, die zukünftigen Wohnungen mittels VR-Brille interaktiv zu begehen. Das Sichtfeld des «Brillenträgers» kann über Bildschirm geteilt oder online übertragen werden und dient als Gesprächsgrundlage aller Projektbeteiligten.

BIM2Field – Digitale Baustelle Wygarten 2a

Ein weiteres Pilotprojekt der Leuthard-Gruppe ist die aktuelle Baustelle Wygarten 2a. Eine unglaubliche Leistung und ein grosses Danke an das gesamte Team von der Planung bis zur Baustelle die so ein Projekt überhaupt möglich machen!

Anwendungen die auf der Baustelle umgesetzt werden:

  • Keine Papierpläne
  • Absteckung nach Modellen (ab Kanal)
  • Papierlose Verlegung der Armierung
  • Modellbasierte Mengenauszug für Materialbestellung
  • Drohnenaufnahmen als Baudokumentation
  • Möglicher Einsatz der HoloLens 2

BIM PROJEKTE 2020